»MixDeinBrot«: eine gute Idee und der lange Weg zum Erfolg
Von Christine Harbig
Es gibt ja diese Leute, die einem was von Low Carb und vegan erzählen und dann am Abend auf der Couch massenhaft Bio-Chips in sich reinfuttern. Mit 35% Fettgehalt – von Dextrose, Zucker und Hefeextrakt ganz zu schweigen. Und das soll gesund sein? Echt jetzt?! Da vertraue ich doch lieber einer Expertin, die weiß, wovon sie spricht.
So wie Mona Glock, der Gründerin des Start-ups »MixDeinBrot«. Wer ihre schnuckelige Drei-Zimmer-Wohnung in Erdmannhausen bei Marbach am Neckar betritt, riecht frisch Gebackenes. Aber was da im Ofen vor sich hin bräunt, sieht irgendwie ungewöhnlich aus. So dunkel. Und über und über mit Sonnenblumenkernen bedeckt. Paleo-Brot nennt es die 30-Jährige Gründerin. »Dieses Brot ist kohlenhydratreduziert – Low Carb wie viele sagen«, erklärt Mona Glock. Und genau das zeichnet ihre Backmischungen aus. Sie sind nicht das, was man typischerweise im Supermarktregal findet, sondern etwas Besonderes. Selbst entwickelt, versteht sich. Aber wie ist das, direkt nach dem Studium eine Firma zu gründen – so ganz ohne Berufserfahrung?
Keinesfalls 08/15
»Ich hatte von vielen Dingen einfach keine Ahnung. Von Produktdesign, Marketing oder wie man etwas in die Läden bringt«, erzählt Mona und holt das Paleo-Brot aus dem Ofen. Es duftet verführerisch. Als sie zum Tisch zurückkommt, verrät der Blick aus ihren blauen Augen, dass es kein einfacher Weg war. Oft arbeitete sie zehn Stunden lang, auch am Wochenende. Ihre Freunde konnten das nicht verstehen. »Die haben oft gesagt: Mona, was machst Du eigentlich den ganzen Tag? Weil sie nicht wussten, was es heißt, selbstständig zu sein«, erzählt Mona. Doch ist es ein Wunder, dass die schlanke, sportliche junge Frau mit den blauen Augen, die auf die Astrid-Lindgren-Schule ging, nun ihr eigenes Ding macht?
Sie schmunzelt, als sie die ersten Verpackungs-Designs für ihre Backmischungen zeigt. Die sehen tatsächlich ein wenig… selbstgebastelt aus. Bei den Kunden kamen sie überhaupt nicht gut an, denn Konsumenten haben hohe Ansprüche. So holte Mona eine professionelle Verpackungsdesignerin mit ins Boot und lernte einen Food-Scout kennen. »Die ersten Jahre waren auf jeden Fall die schwierigsten. Man steckt so viel Arbeit in sein Produkt und ist bereit zum Verkaufen, und dann bleiben die Kunden aus. Das kann ganz schön frustrierend sein.« Aber Mona gab nicht auf. Auch wenn sich ihre ursprüngliche Idee deutlich verändert hat.
Mit Laborkittel und Haarnetz
Eigentlich wollte Mona Glock ihren Kunden eine Art Online-Konfigurator für eigene Lieblings-Bio-Brotbackmischung zur Verfügung stellen. Doch die Kunden wollten nicht. Sie fühlten sich überfordert. So bot Mona schließlich nur noch fertige Bio-Brotbackmischungen an. Die füllte sie in Eigenregie ab – im Keller ihres Elternhauses. Dazu schlüpfte sie regelmäßig in einen weißen Laborkittel, zog ein Haarnetz über und Arbeitsschuhe an und desinfizierte sich die Hände. Das war die Voraussetzung dafür, dass sie ihr Lager überhaupt betreten durfte. Denn das Lebensmittelgesetz hat strenge Hygienevorschriften.
Aufgereiht im Regal standen dort verschiedenste Mehle, Cashewkerne, Kürbiskerne, Cranberries und viele weitere Zutaten. Mona musste alles mit einer geeichten Waage abwiegen und genau protokollieren, wie viel sie wann wovon entnahm. Und natürlich das Haltbarkeitsdatum beachten. Vor Weihnachten wurde es ziemlich stressig. »Da stand ich stundenlang da und habe abgefüllt, verpackt und alles zur Post gebracht«, erinnert sich Mona. Ein Knochenjob. Doch der ist jetzt vorbei.
Raus aus der Kelleratmosphäre
Bevor Mona Genaueres erzählt, schneidet sie das frische Brot an. Auch innen ist es voller Sonnenblumenkerne und sieht sehr saftig aus. »Das Paleo-Brot wird ohne Hefe gebacken, und die Leinsamen und Chia-Samen liefern wertvolle Ballaststoffe«, erklärt sie fachmännisch, äh, fachfraulich. Sie muss es ja wissen, schließlich ist sie studierte Ernährungswissenschaftlerin. Eben kehrt sie mit einem selbst gemachten Tomaten-Aufstrich aus der Küche zurück. Lecker. Aber wo ist nun die Produktion geblieben? Ich sehe mich um, doch so richtig nach Start-up sieht es hier eigentlich nicht aus.
Mona lächelt. »Das war keine einfache Entscheidung, aber ich habe meine Produktion ausgelagert. Und zwar an die Filderwerkstatt«, sagt sie. Das ist eine Behindertenwerkstätte in der Nähe. »Im ersten Moment hat es sich wie eine Trennung angefühlt«, gibt sie zu. Doch sie weiß ihre Backmischungen in guten Händen. Im Biosupermarkt verkauft sie nun auch nicht mehr. Im umfangreichen Sortiment gingen ihre Brotbackmischungen einfach unter. »Tatsächlich hatte ich mir viel mehr erwartet, und als dann meine Produkte im Laden stehen blieben, war ich im ersten Moment schon verzweifelt«, gibt Mona zu. Aber das ist nun vorbei. Dank Amazon.
Eine große Chance
Denn Mona wurde für das Amazon-Programm »Unternehmerinnen der Zukunft« ausgewählt. Über mehrere Monate griffen ihr Marketing-Experten unter die Arme. Seitdem sind von den fünf Backmischungen nur noch zwei geblieben: Das Paleo-Brot und ein Dinkelbrot. Dazu verkauft sie noch zwei ungewöhnliche Mehle, Süßlupinenmehl und Kokosmehl. Allerdings nur noch online, denn hier suchen Kunden gezielt nach Low Carb-Produkten oder eiweißreichen Mehlen – ganz anders als im Laden. Seitdem hat sie auch Kunden aus Frankreich.
An alles was sie verkauft, stellt Mona höchste Ansprüche. »Mir ist es wichtig, dass meine Rohstoffe umweltfreundlich angebaut werden. Deshalb arbeite ich ausschließlich mit biozertifizierten Zutaten«, erklärt sie. Selbstredend, dass ihre Produkte auch frei von Konservierungs- und künstlichen Farbstoffen sind. Ihre Entscheidung, sich selbstständig zu machen, hat Mona Glock nie bereut. »Die Idee entstand schon während des Studiums. Als ich dann fertig war, hatte ich eigentlich schon eine Promotionsstelle. Doch ich wusste: Wenn ich es jetzt nicht mache, wann dann?«, erzählt die junge Frau und lacht.
Bewusst genießen
Nur eines fiel ihr lange schwer – einfach mal abzuschalten. Schließlich blieb sie auch am Wochenende Unternehmerin, und es gab immer viel zu tun. »Mittlerweile weiß ich, dass es von der ersten Idee für ein neues Produkt bis zur Umsetzung oft Monate dauern kann«, gibt sie zu. Und sie hat gelernt, geduldiger zu sein. Nun versucht sie, keine Nachtschichten mehr einzulegen und die Wochenenden zu genießen.
Und sie will auch ihren Kunden beim Abschalten helfen. Mit ihrem neu entwickelten Produkt: einem Kartenset mit dem Titel »mindful moments«. Die Karten sollen Impulse geben, Essen nicht mehr beiläufig vor dem Fernseher in sich hinein zu schaufeln, sondern bewusst zu genießen. Genau das vermittelt sie ihren Kunden auch in Workshops im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung. Und damit schiebt sich Mona genüsslich einen Happen des frischen Paleo-Brots mit ihrem selbst gemachten Aufstrich in den Mund und lässt es sich schmecken. Beim Bäcker war sie schon lange nicht mehr – wozu auch?
Lieblingszitat von Mona: »Gesundheit beginnt mit jedem Bissen, den wir essen und jedem Gedanken, den wir denken.« (Louise L. Hay)
Infos rund ums Thema:
Was ist Low Carb?
Der Begriff ist heute in aller Munde und steht einfach für »wenig Kohlenhydrate«. Denn viele von uns haben ein paar Pfund zu viel auf den Rippen. Bekannt wurde die Methode vor allem durch die so genannte Atkins-Diät. Vor allem Kartoffeln, Nudeln und Brot passen meist nicht in eine Low-Carb-Ernährung. Wie viele Kohlenhydrate ein Erwachsener bei einer Low-Carb-Ernährung zu sich nehmen sollte, ist nicht genau festgelegt. Schließlich hat nicht jeder dieselbe Muskelmasse und damit auch nicht denselben Verbrauch. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt 50 % der Energiezufuhr aus Kohlenhydraten zu beziehen. Für die meisten Low-Carb-Verfechter sollten es viel weniger sein.
Was ist Lupinenmehl?
Lupinenmehl wird aus blauen oder weißen Süßlupinensamen gewonnen, die gedämpft, mit heißer Luft getrocknet und anschließend sorgfältig vermahlen werden. Die Süßlupine gehört zu den Hülsenfrüchten, wie die Kichererbse oder die Erdnuss und ist besonders eiweiß- und ballaststoffreich. Es dürfen nur Sorten mit einem niedrigen Alkaloid-Gehalt angebaut werden, weil Alkaloide in hoher Konzentration giftig sind. Lupinensorten sind grundsätzlich gentechnikfrei, denn es gibt derzeit keine gentechnisch veränderten Sorten am Markt. Weil dem Lupinenmehl der Kleberstoff Gluten fehlt, verhält es sich beim Teig mischen anders als Weizen- oder Dinkelmehl. Es bindet viel Wasser und der Teig fühlt sich sehr elastisch an. Die gelbe Farbe bleibt auch nach dem Backen erhalten und Brot aus Lupinenmehl schmeckt besonders nussig.
Mona Glock als Ernährungsberaterin für Impulsvorträge oder Workshops buchen:
https://monaglock.de/