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Eine Stadt im Ausnahmezustand

Farbenprächtiges Treiben bei der Basler Fasnacht 

von Mareike Kratt

 

Noch immer nicht genug von der Fasnacht? Während hierzulande die meisten Hexen schon verbrannt wurden, geht es bei den Schweizer Nachbarn in Basel  bei Morgenstraich, Cortège & Co derzeit mächtig rund.


Die Basler Fasnacht gehört zur Identität der Stadt – sie gilt als Herzstück ihrer kulturellen Schaffenskraft und ermöglicht drei Tage Ausnahmezustand. Mit ihrer Tradition sind nicht nur unzählige Basler verbunden, sie zieht auch jährlich tausende Touristen an. Allesamt sind sie begeistert von der Einzigartigkeit, der Qualität und Vielfalt dieses Ereignisses. 


Während der »drey scheenschte Dääg« steht Basel Kopf. Der Startschus ist bereits vergangene Nacht, traditionell am Montag nach dem Aeschermittwoch um Punkt 4 Uhr, gefallen - bei totaler Finsternis. Dann verwandelt der geliebte »Morgestraich« die Innenstadt in ein Lichtermeer von handbemalten Laternen, wo tausende verkleideter Pfeiffer und Trommler »ihre Laterne«und damit »ihr Sujet« (Thema) musizierend begleiten – und zwar bis zum »Endstraich« am Donnerstag früh, wiederum um Punkt 4 Uhr. Was dazwischen liegt, muss man erlebt haben.


»Frau Fasnacht«, wie die Basler ihre Fasnacht liebevoll nennen, nimmt die Besucher mit in die Welt eines ganz anderen Karnevals. Das Spektakel lebt von einzigartigen Instrumenten, von Kreativität und Ideenreichtum und von künstlerischen Höchstleistungen. Hier werden gesellschaftspolitische Themen, Geschichten und Aktualitäten auf ganz Baslerische Art transportiert: nämlich stolz, mit spitzem Humor und scharfer Zunge.


Der Montag
Am Montagnachmittag findet der große Umzug (Cortège) statt. Der Cortège wird vom Fasnachtscomité durchgeführt und beginnt um 13.30 Uhr. Nun sind neben den Cliquen auch die Guggenmusiken dabei, aber auch andere Gruppierungen wie Chaisen und Einzelmasken. Der Cortège dauert bis 18.15 Uhr.
Nach dem Umzug ziehen sich die Formationen zum Abendessen zurück. Danach marschieren die Cliquen und Guggenmusiken kreuz und quer durch die Straßen und Gässchen der Stadt.


Der Dienstag
Am Fasnachtsdienstag gibt es keinen offiziellen Umzug und somit auch keinen offiziellen Beginn. Alle, die Fasnacht machen, sind frei, den Tag so zu gestalten, wie sie wollen. Deshalb ist er auch der populärste der drei Fasnachtstage. In der ganzen Innenstadt herrscht ein farbenprächtiges und intensives Treiben.
Der Fasnachtsdienstag ist deshalb der Tag, an dem auch die Kinder im Mittelpunkt stehen. Kleine Kinder die noch zu jung sind, um in einer Clique oder Guggenmusik zu sein, machen ihre ersten Erfahrungen mit der Fasnacht. Meistens von ihren Eltern begleitet, tragen sie oft selbst gebastelte Kostüme und Masken (Larven), verteilen Bonbons und werfen Konfetti (Räppli).
Am Dienstagabend ist die Innenstadt für die Guggenmusiken reserviert. Ab 19.30 Uhr spielen zahlreiche Guggenmusiken auf dem Barfürßerplatz, dem Marktplatz und dem Claraplatz bekannte und weniger bekannte Melodien.

 

Der Mittwoch
Am Mittwochnachmittag findet von 13.30 bis 18.15 Uhr erneut der große Umzug (Cortège) statt. Es kann sein, dass sich eine Formation an einem anderen Abmarschort als am Montag trifft und/oder den Umzug in der anderen Richtung bestreitet.
Nach dem Abendessen ziehen die großen Cliquen vereint durch die Gassen der Altstadt. Das Fasnachtstreiben intensiviert sich nochmals, wenn es auf das Ende der Fasnacht – auf den Endstreich zugeht. Das Gewirr im Zentrum der Altstadt nimmt nochmals merklich zu. Zwischen 24 und 4 Uhr genießen die Teilnehmer die letzten Züge der Fasnacht. Die Fasnacht erreicht jetzt einen weiteren Höhepunkt.


Der Endstreich
Am Donnerstagmorgen kurz vor 4 Uhr suchen die Cliquen, Gruppierungen und Guggenmusiken einen angestammten Ort auf, wo sie einen abschließenden Marsch oder ein letztes Musikstück intonieren. Danach ist endgültig Schluss bis zur Fasnacht im nächsten Jahr.

 

Die Geschichte

 

Die Basler Fasnacht ist die größte der Schweiz und zugleich die bedeutendste protestantische Fasnacht der Welt. Ihre Geschichte verliert sich aber im Dunkel der Zeit, da während dem verheerenden Erdbeben im Jahr 1356 alle Unterlagen dazu zerstört wurden. So stammt das älteste Dokument zur Basler Fasnacht aus dem Jahr 1376.
Die Basler Zünfte hatten einen großen Einfluss auf die Entwicklung der drei schönsten Tage. Die Musterung der Wehrpflichtigen der Zünfte im 16. Jahrhundert stand in engem Zusammenhang mit der Fasnacht. Damals flossen jene militärischen Elemente ein, die die Basler Fasnacht noch heute prägen: Der gemessene Marschschritt zum Klang von Trommeln und Piccolos.
Die sogenannte »Blaggedde« (Plakette) wurde 1911 eingeführt. Das 1910 gegründete Fasnachts-Comité erhielt die Bewilligung für deren Verkauf, um damit einen Teil der Fasnacht zu finanzieren. Die Einnahmen dienen bis heute dazu, die Cliquen zu subventionieren.
1835 wurde der erste offiziell erlaubte Morgenstreich durchgeführt. Damals zogen die Fasnächtler noch mit Fackeln durch die Gassen. 1845 traten die ersten Steckenlaternen auf, da ein Verbot für das Tragen von offenen Fackeln ausgesprochen wurde. Die erste Zuglaterne wurde 1860 vermerkt.
Seit 2017 gehört die Basler Fasnacht offiziell zum Kulturerbe der UNESCO. Mit diesem Entscheid würdigte das Zwischenstaatliche Komitee die reiche Tradition und die Einzigartigkeit der hiesigen Fasnacht. Damit ist sie erst das zweite Schweizer Kulturerbe, welches mit dem UNESCO-Label für immaterielle Werte ausgezeichnet wurde.